Service Design – Herausforderungen im Sondermaschinenbau

Im Sondermaschinenbau und speziell in der Konstruktion von Großanlagen sind bei einem Service Design Projekt, das eine Effizienzsteigerung und Standardisierung im Blick hat besondere Punkte zu beachten. Große Individualisierung der Produkte aufgrund stark variierender Kundenanforderung und die daraus resultierende Vielfalt konstruktiver Lösungsansätze führen schnell zu einer unüberschaubaren Anzahl von Varianten und Neukonstruktionen mit den damit…

Service Design im Sondermaschinenbau

Im Sondermaschinenbau und speziell in der Konstruktion von Großanlagen sind bei einem Service Design Projekt, das eine Effizienzsteigerung und Standardisierung im Blick hat besondere Punkte zu beachten. Große Individualisierung der Produkte aufgrund stark variierender Kundenanforderung und die daraus resultierende Vielfalt konstruktiver Lösungsansätze führen schnell zu einer unüberschaubaren Anzahl von Varianten und Neukonstruktionen mit den damit verbundenen Vor- und Nachteilen.

Auf der einen Seite stellt die Variantenvielfalt einen nicht zu unterschätzenden Kostenfaktor dar, der sich auf sämtliche Leistungs- und Unterstützungsprozesse auswirkt, gleichzeitig ist sie aber Ausdruck des eigenen Know-Hows und Leistungsvermögens sowie Mittel zur optimalen Befriedigung der Kundenwünsche. Das bedeutet einen gleichzeitigen  Wettbewerbsvor- als auch nachteil. Durch die Produktindividualisierung bzw. individuelle Leistungserstellung wird zum einen ein erhöhter Kundennutzen geschaffen und eine bessere Abgrenzung von Mitbewerbern vorgenommen. Außerdem wird eine stärkere Kundenbindung durch spezielle Einzelkonstruktionen ermöglicht, die für das im Sondermaschinenbau wichtige Ersatzteilgeschäft und die Erteilung von Folgeaufträgen von essentieller Bedeutung ist.

Herausforderungen und Ursachen

Die Frage die sich aber stellt ist die nach der Ursache-Wirkungs-Beziehung. Ist die Variantenvielfalt notwendiger Bestandteil des Unternehmenserfolgs oder nur das Resultat eines fehlenden Standards? Gerade in langjährig gewachsenen Unternehmensstrukturen mit unterschiedlichen Interessenslagen, Sichtweisen und Argumentationsgrundlagen der am Prozess der Leistungserstellung beteiligten Abteilungen ist die Beantwortung dieser Frage nicht so einfach wie sie auf den ersten Blick wirkt. Neben externen Ursachen, die sich überwiegend auf die Gegebenheiten und Entwicklungen des Absatzmarktes zurückführen lassen und vom Unternehmen oftmals nur schwer zu beeinflussen sind, spielen besonders die internen Ursachen im Maschinenbau eine große Rolle.

Diese Ursachen sollen an dieser Stelle erläutert werden, da ihre Betrachtung für ein besseres Verständnis der Schwierigkeiten bei der Standardisierung von Dienstleistungselementen notwendig ist. Gerade im Sondermaschinenbau sind situationsbezogene bzw. auftragsabhängige Lösungskonzepte, die primär eine schnelle Problemlösung im Blick haben weit verbreitet. Das bedeutet, dass eine auftragsneutrale und vorausschauende Konstruktionsmethodik nur eine untergeordnete Rolle spielt und eine Übertragbarkeit von Lösungskonzepten wird nicht in einem ausreichenden Maße geprüft wird.
Auch die Prozesskette der Leistungserstellung kann als Ursache für eine ausufernde Variantenvielfalt angeführt werden. Bei der Angebotserstellung wird den Kundenwünschen entsprechend aufgrund einer nur unzureichenden Standardisierung auf Konzepte aus vorhergegangenen Aufträgen zurückgegriffen, die dann durch konstruktive Anpassungen und zusätzlichen Entwicklungen modifiziert und gefertigt werden. Die Gefahr bei einer solchen Vorgehensweise besteht darin, dass man sich sprichwörtlich „im Kreis dreht“ und oftmals nur ein rein auftragsspezifischer Mehrwert geschaffen wird, der sich unter Umständen gar nicht oder nur in unzureichendem Maße in folgenden Aufträgen niederschlägt. Verstärkt wird eine solche Problematik durch die Übergewichtung von Vertriebsinteressen, da viele kundenspezifische Lösungen ohne die notwendigen Kosten-/Nutzenbewertungen angeboten werden.

Ein Mangel an Kommunikation und Zugriffsmöglichkeit auf relevante Informationen stellt aber im Hinblick auf den Servicebereich das Hauptproblem dar. Sowohl abteilungsübergreifend, als auch innerhalb der Konstruktions- und Entwicklungsabteilung kommt es aufgrund von Fehlen von einheitlichen Guidelines, auf das Servicegeschäft ausgerichteter Standards sowie mangelhafter Beschreibung der Produktstruktur dazu, dass einzelne Konstrukteure ihre eigene Herangehensweise entwickeln anstatt durch Erfahrungsaustausch und dessen Dokumentation zumindest im Bereich der Konstruktionsmethodik eine einheitliche Vorgehensweise festzulegen. Die reichhaltig vorhandene Erfahrung wird somit nicht optimal genutzt. Gerade die Verfügbarkeit von Informationen und ihr organisierter Austausch, das heißt ein effizientes Wissensmanagement ist von enormer Bedeutung für den Erfolg eines Service Design Projekts.

Chancen und Risiken

Variantenvielfalt kann ein Mittel zur optimalen Befriedigung von Marktbedürfnissen sein. Doch sollte sie das Resultat aus den beschriebenen Ursachen sein, entspricht dies nicht den Prinzipien einer nachhaltigen Wertschöpfung und kann deshalb nicht im Interesse eines im Wettbewerb stehenden Unternehmens sein. Jede Variante muss ihre betriebswirtschaftliche oder marktstrategische Berechtigung haben. 

Standardisierung und Normung im Sinne des Service Designs bedeutet „das einmalige Lösen eines sich wiederholenden technischen oder organisatorischen Vorgangs mit den zum Zeitpunkt der Erstellung der Norm bekannten optimalen Mitteln des Standes der Technik durch alle daran Interessierten. Sie ist damit eine stets zeitlich begrenzte technische und wirtschaftliche Optimierung.“ 

Aus dieser Definition der Standardisierung geht hervor, dass Standardisierungsvorhaben auch eine gleichzeitige Optimierung darstellen, weshalb diese Definition besonders für das Service Design geeignet ist. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch diese Sichtweise nicht auf eine einzelne Bauteilebene und Leistungskomponente zu beschränken, sondern auf den gesamten Prozess der Leistungserstellung zu beziehen bzw. mit Hilfe aller daran Partizipierenden zu gestalten und auch methodische Herangehensweisen zu integrieren.  Denn sollte, wie im Sondermaschinenbau häufiger der Fall, der Einsatz standardisierter Komponenten nicht zweckmäßig sein so lässt sich zumindest für den Prozess zur Entwicklung einer kundenindividuellen Lösung eine einheitliche Methodik festlegen. Dieser Sachverhalt wird als strukturierte Individualisierung bezeichnet.

Vor- und Nachteile der Standardisierung im Service Design

Nachdem die Ursachen für eine zu große Variantenvielfalt und die daraus resultierenden Schwierigkeiten einer Standardisierung speziell im Sondermaschinenbau herausgearbeitet wurden, sollen an dieser Stelle mögliche Vor- und Nachteile der Standardisierung noch einmal genauer betrachtet werden um Ansatzpunkte für eine spätere Kosten-/Nutzenbewertung von Standardisierungs- und Optimierungsmaßnahmen in Bezug auf die optimale Gestaltung der Dienstleistungselemente zu schaffen.

Vorteile

  • Steigerung der Innovationskraft
  • Verringerung von Durchlaufzeiten
  • Nachhaltige Wertschöpfung durch auftragsneutrale und wiederverwendbare Lösungskonzepte
  • Abbau von Redundanzen und Realisierung von Rationalisierungseffekten
  • Senkung der Erbringungskosten
  • Geringere Angebotskosten und bessere Angebotsbasis
  • Basis für Weiterentwicklung
  • Grundlage für interne und externe Kommunikation

Nachteile

  • Zu wenig Freiheitsgrade für individuelle Kundenbedürfnisse bei unflexibler Ausgestaltung
  • Kundenwünsche können nicht mehr ganz so gut berücksichtigt werden
  • Bei individueller Gestaltung, stärkere Kundenbindung
  • Abneigung bei Kunden gegenüber standardisierter Bedarfsdeckung

Die hier genannten Vor- und Nachteile stellen nur eine Auswahl dar und die Tabelle erhebt nicht den Anspruch der Vollständigkeit und ließe sich wahrscheinlich in beide Richtungen beliebig ergänzen. Wichtig ist vielmehr zu verdeutlichen, dass ein Standardisierungsvorhaben immer ein zweischneidiges Schwert ist und vielmehr die Art und Weise der Umsetzung entscheidend ist. Dies gilt sowohl für physische Produkte, als auch für intangible Serviceelemente.

Primär erhofft man sich beim Einsatz von Standardisierungselementen in Konstruktion und Service eine Kostenreduktion bei gleichzeitiger Leistungserhöhung. Es ist leicht verständlich, dass beim Einsatz standardisierter Bauteile und Dienstleistungsmodule der Aufwand für Arbeitsvorbereitung und Fertigung, aber auch für Installation und Wartung geringer ausfällt und dies zu einer Verkürzung der Durchlaufzeiten führt. Durch den Abbau von Redundanzen, das heißt Überschneidungen und unnötige Wiederholungen von Tätigkeiten, sollen Rationalisierungseffekte realisiert werden, wodurch Ressourcen und Kapazitäten frei werden, die in die Weiterentwicklung und Innovationstätigkeit investiert werden können. Auf diese Weise wird eine Qualitätsverbesserung erreicht, da mit Hilfe von internen Standards das Konzept der kontinuierlichen Verbesserung im Service effektiver umgesetzt werden kann.

Bei einer nicht markt- bzw. kundengerechten Umsetzung mag ein Standardisierungskonzept auf dem Papier noch so viele Vorteile bieten, die sich dann aber nicht realisieren lassen, weil das Konzept die Kundenbedürfnisse nicht auf eine notwendige Art und Weise aufgreift. Gerade bei technologischen Dienstleistungen für Investitionsgütern ist es wichtig die aus Kundensicht optimalen Leistungsparameter anbieten zu können. Die Kundenintegration bereits in der Entwicklungsphase bis hin zu einer gemeinsamen Projektierung ist vor allem bei der Prozessgestaltung zu beachten. Zu den aufgeführten Nachteilen ist aber anzumerken, dass diese nur ein Hindernis darstellen, wenn diese vom Kunden auch als solche wahrgenommen werden. Das bedeutet, wenn das Standardisierungs- bzw. Strukturierungskonzept einen zu starren Rahmen besitzt um dem Kunden das Gefühl einer individuellen Leistungserstellung zu geben. Ziel muss es also sein, einen geeigneten Weg zu finden, nicht nur eine schlichte Reduzierung der Variantenzahl und Dienstleistungsmodule herbeizuführen, sondern  gleichzeitig die eigene Wettbewerbsposition auszubauen und die Kundenzufriedenheit zu steigern. Hierfür ist ein durchgängiges Konzept des Komplexitäts- und Wissensmanagements zu entwerfen.

Zusammenfassung

Festzuhalten bleibt, der Einsatz von Standardisierung oder Normung im Service Design ist Teil eines umfassenden Wissens- und Komplexitätsmanagements, das auch die strukturierte Individualisierung beinhaltet. Weiterhin dürfen Standardisierungsprojekte keinem Selbstzweck dienen, sondern müssen sich am betriebswirtschaftlichen Effizienzkriterium messen lassen. Dies bedeutet, der entstehende Nutzen sollte größer sein, als der zu leistende Aufwand, wobei bei der Bewertung des Nutzens auch Faktoren mit einzubeziehen sind, die sich nicht direkt monetär messen lassen.

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